Dienstag, 30. April 2013

die people scans des Fotografen Kurt Hörbst


Als meine Freundin Meike mir erzählte, dass sie für ein Kunstprojekt gescannt werden würde, dachte ich im ersten Moment: "Interessant, aber irgendwie wenig dekorativ, oder?" Dabei erlag ich einem Gedankenfehler, denn ich dachte, man sähe Knochen, Blutbahnen, Organe und diese inneren Dinge. Nicht lange zuvor hatte ich mich nämlich über die Bilder eines Kernspin-Scans, den man von meinem Kopf gemacht hatte, gegruselt.



Doch Kurt Höbst, Fotograf aus Österreich, arbeitet mit einem Menschenscanner. Dieser besteht aus einem Gestell, das eine hochauflösende Digitalkamera führt. Das Model legt sich darunter, in einen charmant gebastelten Reflexionsraum. Wenn Gesichtsausdruck, Hand- und Fußhaltung besprochen, alle T-Shirtfalten gerichtet und die Abstände zur Kamera bemessen und austariert sind, geht es los.



Die Kamera wird langsam das Gestell entlang geschoben und vom Fotografen nach jeweils einer bestimmten Strecke ausgelöst. Für die 1.65m große Meike machte er 16 Bilder. Dabei darf sich das Model natürlich nicht bewegen, sonst passen die einzelnen Teile nachher nicht zusammen.
Das montierte Gesamtbild wird in Lebensgröße ausgedruckt und aufgehängt. Diese so entstandenen Portraits haben eine seltsame Anmutung. Man kann sie auf den ersten Blick gar nicht richtig fassen sondern braucht einen Moment, um zu erkennen, dass die Modelle ja lagen.



Kurt Höbst sieht seine Art der Darstellung als "Kontrapunkt zur Produktionsgeschwindigkeit digitaler Fotografie", als "Form der konzeptionellen Selbstverlangsamung".
Interessant finde ich, dass die Modelle (so auch meine Freundin Meike) im Bewusstsein dessen, dass sie sich jetzt für 15 bis 20 Aufnahmen nicht bewegen dürfen, einen eigenartig nach innen gerichteten Gesichtsausdruck einnehmen. Obwohl die eigentliche Aufnahme des Gesichts selbst ja ganz schnell geht. Trotzdem erinnern mich die Scans ein wenig an die allerersten Daguerre-Fotografien, als die Modelle noch minutenlang stillhalten mussten bis die versilberte Kupferplatte ausreichend belichtet war.



Insgesamt hat Kurt Höbst heute 15 Darmstädter gescannt, darunter einen Künstler, einen Professoren, einen Informatiker, Journalisten und einen Sportler. Ob damit tatsächlich ein Abbild der Darmstädter gewährleistet ist kann jeder, der mag, selbst beurteilen. Die Vernissage ist am 3.Mai um 19 Uhr im Schauraum der Darmstädter Tage der Fotografie im Literaturhaus. Die Bilder bleiben dort 3 Monate hängen.

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